Eine Reise an die nördliche Rhône: Maison J. Denuzière aus Condrieu NEU bei MASTERWEIN
An der nördlichen Rhône gibt es zahlreiche berühmte und große Erzeuger, die weltweit bekannt sind, und Weine aus allen wichtigen Appellationen anbieten. Und es gibt die vielen kleinen, eigenständigen Winzer, die es schaffen, eine begrenzte Anzahl Weinsorten um den Kirchturm herum zu produzieren und trotz der kleinen Betriebsgröße erfolgreich am Markt zu bestehen. Mit der Domaine J. Denuzière ist uns die Symbiose gelungen: Ein kleiner Betrieb mit Geschichte, der die wichtigsten Crus der nördlichen Rhône im Portfolio hat, ist ab sofort NEU bei MASTERWEIN.
Bei einem solch kleinen Betrieb ist die Qualitätskontrolle der kritischste Punkt. Wer Trauben kauft muss sicherstellen, dass er Jahr für Jahr die gewünschte Qualität erhält. Eine Sicherung nicht nur der Menge muss gewährleistet sein, auch die Verfahren im Umgang der Trauben müssen - abhängig vom Jahrgang – am Ziel der maximal möglichen Qualität orientiert sein. Das muss man als Importeur vor einer möglichen Zusammenarbeit prüfen, am besten mit einem Besuch vor Ort. Auch in Corona-Zeiten ist das mit etwas Aufwand möglich.
Im Februar war es soweit. Mein Besuch in Condrieu sollte Aufschluss bringen, ob die bisher verkosteten Weine, die mich begeistert hatten, auf einer soliden Grundlage stehen und keine Eintagsfliegen waren. Die Gutsleiterin und Kellermeisterin Caroline Moro empfing und erläuterte erst einmal die Geschichte des Weinguts. Nun bin ich nicht gerade ein großer Freund historischer Exkurse, aber wer einen Betrieb unter die Lupe nehmen will, muss seine DNA verstehen, die in aller Regel historisch geprägt ist.
Im Jahre 1876 gründete Joanny Paret in Condrieu sein Weingut mit dem Ziel, die Cafés und Bistrots an der nördlichen Rhône mit gutem Wein zu versorgen. Mit einem Pferdekarren belieferte er die Gastronomie. Sein Sohn Joseph entwickelte das Unternehmen weiter und übergab nach mehr als 40 Jahren erfolgreicher Arbeit den Betrieb an seinen Schwiegersohn Pierre Denuzière, der das Weingut umbenannte. Mit befreundeten Winzern wurden Pachtverträge geschlossen, so dass man als Viticulteur (Winzer) und Negociant (Händler) eine größere Vielfalt an Weinen anbieten konnte. Ein weit verbreitetes und höchst erfolgreiches Modell in der Nachkriegszeit an der nördlichen Rhône! Betriebe wie Guigal, Jaboulet oder Chapoutier zeugen von der Dynamik.
Caroline Moro im Weinberg von Condrieu
Heute bewirtschaftet Maison J. Denuzière einen Hektar eigene Reben in Condrieu sowie einen Hektar in Cornas. Viele exklusive Pachtverträge existieren noch heute, so dass das Haus die wichtigsten Appellationen der Rhône anbieten kann. Kellermeisterin Caroline Moro, die nach ihrem Önologiestudium in Bordeaux zunächst in Burgund und anderen Ländern bzw. Regionen Erfahrungen sammelte, ist seit 2014 verantwortlich für den gesamten Betrieb. Seitdem ist dank ihrer Handschrift eine klare Stilistik erkennbar und die Qualitäten haben sich sehr zum Vorteil entwickelt. Caroline legt großen Wert auf die Trinkigkeit der Weine. Kein Wunder, dass der Hauptabsatzkanal nach wie vor die gehobene Gastronomie ist.
Moderne Technik im funktionellen Keller: Kellermeisterin Caroline Moro mit Viognier-Trauben
Die Keller und Verwaltung von Denuzière sind in Condrieu in einem unscheinbaren Gebäude an der Hauptstraße zu finden. Eine Traubenanlieferung wäre hier wegen des Verkehrs kaum möglich, aber die Traktoren können einmal um den Block fahren und von der Rückseite anliefern. Die Kellergebäude sind nicht wirklich repräsentativ, sondern wie bei vielen kleinen Betrieben den Gegebenheiten angepasst und an der Praxis orientiert. Die Technik aber ist tip-top! Der Fasskeller liegt unterirdisch in einem Gewölbe, durch Nutzung der Schwerkraft können die Weine in die Fässer gefüllt werden.
Der Eingang zu den Reben in Condrieu
Doch erst einmal ging es in den Weinberg in Condrieu, die etwa 150 Meter über dem Dorf liegen. Das rote Tor (das gleiche findet sich beim Zugang an der Hauptstraße) weist den Weg. Die Viognier-Reben werden in Einzelstockerziehung gepflegt, die Rebzeilen sind begrünt, um der Erosion der sandigen Granit-Verwitterungs-Böden in der steilen Lage vorzubeugen.
Die Viognier-Stöcke Von Denuzière in Einzelpfahlerziehung in Condrieu
Die Terrassen werden mit Trockensteinmauern begrenzt, die Pflege ist aufwendig. Die Parzellen orientieren sich nach Osten und Südosten: was sich zunächst wie ein Nachteil klingt ist in Wahrheit ein Vorteil, der Caroline begeistert. Denn in diesen etwas kühleren Lagen reifen die Trauben langsamer, die Beeren haben mehr Zeit zur Einlagerung von Mineralien, die Zuckerwerte und somit die Alkoholgradation bleiben moderat und vor allem: Die Säure baut nicht so schnell ab. Die Winzer mit Südlagen hingegen kämpfen mit hohen Alkoholwerten und niedriger Säure, weshalb sie zwar vor Kraft strotzen und hohe Punkte einheimsen, tatsächlich aber schwer und ermüdend sind.
Das Terroir von Condrieu: Granitverwitterungsböden
Die Lese erfolgt von Hand und beginnt schon sehr früh morgens, um die Trauben möglichst kühl in den Keller zu bekommen. Die Selektion findet bereits im Weinberg statt, was nur mit gut geschultem Personal möglich ist. Aber bei solch kleinen Parzellen braucht es auch nur wenige Helfer, die Trauben von nur einen Hektar in wenigen Stunden zu lesen. Die Viognier wird in Barriques vergoren und 12 Monate auf der Feinhefe ausgebaut.
Wir verkosten einen der größten Weißweine der Rhône: Zunächst den 2018er Condrieu aus der Flasche, und ich bin begeistert von der Balance aus Kraft und Finesse, Tiefgang und Komplexität, Intensität und Frische. Das intensive Bukett mit floralen und würzigen Akzenten ist von Aprikosenfrucht geprägt, feine Toast- und Vanillenoten runden es ab. Am Gaumen fasziniert die herrlich saftige, reife Frucht von Feigen, Mirabellen und Netzmelone. Mit erstaunlicher Frische zeigt er Spannung und einen Tiefgang, der durch sanfte Holzunterstützung gefördert wird. Kompakt und mit viel Druck klingt er fast endlos lang im Finish nach. Kein Punkte-Absahner, aber ein grandioser Vertreter bester Condrieu-Art.
Der Condrieu wird im Barrique vergoren und reift dort 12 Monate
Im Keller geht es dann an die Fassprobe des Jahrgangs 2020. Caroline war mit dem Jahrgang 2020 hoch zufrieden, und mein erster Eindruck dieses noch jungen Weins ist großartig: Glasklare Aromatik, viel Struktur und feiner Schmelz: Da reift etwas Hervorragendes, an dem wir uns aber frühestens in 2 Jahren erfreuen dürfen.
Caroline zieht eine Fassprobe aus dem Barrique
Wenn wir schon mal im Keller sind verkosten wir gleich die gesamte Palette an Weinen von Denuzière:
Die großen Rotweine werden bei Denuzière überwiegend in 500 L kleinen, offenen Holzfässern vergoren, zum Teil sogar mit Rappen. Der St. Joseph Rouge 2020 wurde zur Hälfte im Edelstahl vergoren, der Wein asu dem Tank zeigt viel Spannung und Grip, deutlich Pfeffer und Graphitboden, sehr attraktiv. Die andere Hälfte reift in Barriques und zeigt wesentlich mehr Dichte und Konzentration, er hat mehr Power und Druck, die Tannine sind feiner. Caroline meint, dass beide Facetten im St. Joseph notwendig und bereichernd sind. Das nächste Fass ist noch besser: die Holznoten sind herrlich eingebunden, der Syrah zeigt noch mehr Pfeffer und Würznoten, er ist bereits herrlich zu trinken und hoch attraktiv. Ich bin gespannt, wie sich die fertige Cuvée dann präsentieren wird.
Die 2020er Weine sind z.T. noch am Gären, wie etwa der Cornas, oder stecken zur Zeit im biologischen Säureabbau (BSA), was eine Verkostung schwierig macht. Also konzentrieren wir uns auf die 2019er, die im 2. Quartal abgefüllt werden sollen.
Der Cornas 2019 ist ein Kraftprotz mit intensiver Graphit-Note, am Gaumen dicht und stoffig mit sehr viel Druck. Der 2019er Côte Rôtie entlockt mir wahre Begeisterungsstürme, WOW, was für ein Wein, mit großartiger Spannung und unglaublicher Tiefe, mineralisch, expressiv und mit endlos langem Finale. Das als Fassprobe! Wahnsinn! Wie soll das der 19er Hermitage toppen?
Nun, der 2019er Hermitage kommt erst einmal weniger laut zur Geltung, diskret entwickelt er im Glas seine Aromen, versteckt und verspielt seine intensive Würzigkeit, sein Spicyness, er wird noch viel Zeit brauchen um zu glänzen, mindestens 3 Jahre Flaschenreife, bevor er sich zu öffnen beginnt. Caroline bestätigt meinen Eindruck: Im Keller ist der Hermitage immer karg, manchmal gar schwierig. Er macht mich immer ganz nervös, aber am Ende ist er immer TOP und unser bester Wein!
Der Crozes-Hermitage Rouge 2019 ist bereits abgefüllt, ebenso der 2019 St. Joseph Blanc.
Am nächsten Tag geht es rund 50 Kilometer Richtung Süden zu Denuzières Lagen in Cornas. Die rund einen Hektar große Rebfläche verteil sich auf zahlreiche Plots in der Lage Sauman. Auch hier ist der Bodentyp von Granit geprägt, der jedoch noch stärker verwittert und somit feinkörniger als in Condrieu ist. Oft sind die Plots nur eine Rebzeile hoch, manchmal gar nur 5 Stöcke. Trockenmauern stützen diese Steillage, doch überall findet man zerfallene Trockemauern, die nach den intensiven Regenfällen der letzten Wochen einfach abgerutscht sind und neu aufgebaut werden müssen. Cornas ist eine sehr trockene und heiße Appellation, mit der heißesten, nach Süden orientierten Lage Terres Brûlées (verbrannte Erde). Sauman hingegen liegt rund 100 Meter höher in einem kleinen Seitental und ist nach Osten und Südosten orientiert. Hier findet die Lese oft erst 3 Wochen nach der Lese in Terres Brûlées statt.
Blick aus der Lage Sauman auf das Dorf Cornas. Schön zu erkennen sind die wiederhergestellten Trockenmauern am Hang gegenüber nach einem Erdrutsch
Weil es im Sommer und Herbst dort so heiß ist, beginnt die Arbeit im Weinberg bereits um 5 Uhr morgens und dauert bis 12 Uhr. Die Lese erfolgt von Hand, indem man von unten nach oben arbeitet. Die Syrah-Trauben werden in Bütten gesammelt und müssen dann zu Fuß bis fast ins Dorf getragen werden, da die Traktoren sonst die engen Wege blockieren würden. Auch die Lese beginnt so früh wie möglich und ist erst am frühen Nachmittag beendet. Das ist harte Knochenarbeit, Doch die Mühe wird mit mächtigen, wuchtigen Weinen belohnt.
Lese in Cornas
Der 2018 Cornas von Denuzière ist ein reinsortiger Syrah, der im Duft eine intensive Fruchtaromatik nach dunklen Kirschen, Pfeffer, Lorbeer und Schießpulver zeigt. Der mundfüllende Auftakt reifer Krachkirschfrucht wird von einem Gerüst feiner, reifer Tannine gestützt, eine superbe Frische verleiht den Eindruck von Filigranität, und doch hat der Wein mächtig Power! Das Holz ist super eingebunden, mineralisch-schiefrige Akzente sorgen für hohe Komplexität. In diesem Fall darf das Wort klassisch als höchstes Lob verstanden werden.
Die anderen beiden Spitzencrus der nördlichen Rhône sind Côte Rôtie und Hermitage, aus denen Kultweine mit regelmäßigen Spitzenbwertungen kommen. Auch die beiden Weine aus diesen Lagen von Denuzière sind nicht zu verachten:
2018 Côte Rôtie
Der Name Côte Rôtie bedeutet gebratener Hang, was schon auf das heiße Klima dieser sonnenüberfluteten Weinberge hinweist. Daher sind die Syrah (mit einem kleinen Anteil Viognier) von dieser nördlichsten Spitzenappellation der Rhône einzigartig in ihrer Aromatik und Komplexität. In der Nase fällt die deutliche Graphitnote (Bleistift) auf, die von eher gelben als roten Früchten getragen wird. Am Gaumen faszinieren Cassis- und Kirschnoten mit einem Espresso-Touch. Die niedrigen Erträge von weniger als 30 hl/ha sorgen für einen konzentrierten, spannungsgeladenen Wein mit Fülle und Power. Hoch komplex dank irrer Mineralität und ausgestattet mit viel feinstem Tannin hat er Potenzial für gut 2 Jahrzehnte.
2018 Hermitage
Aus der berühmtesten Appellation der nördlichen Rhône kommen die mächtigsten und langlebigsten Rotweine Frankreichs. Da der nach Süden ausgerichtete, sehr steile Berg aus drei verschiedenen Bodentypen (ganz oben Löss, im westlichen Teil Granit und Lehm, im östlichen Teil Sand und Kalkstein) besteht, sind die Weine meist ein Verschnitt aus mehreren Parzellen. Die Syrah wird in offenen Holzgärständern vergoren und dann 18 Monate im Barrique ausgebaut. Intensive Kirschfrucht mit Oliven, Lorbeer und Graphit prägen den Duft, er vielschichtig ist und dezent von Röst- und Vanillearomen begleitet wird. Am Gaumen zeigt er sich packend, mächtig, trotz feine Frucht enorm dicht und kompakt, super balanciert und mineralisch geprägt. Das fleischig wirkende Finale ist sehr lang, und wird in den nächsten Jahren noch an Tiefe zulegen. Riesenpotenzial von mindestens 2 Jahrzehnten. Man sollte dem Jahrgang 2018 noch gut 5 Jahre Flaschenreife gönnen!
Die Reise hat sich also gelohnt! Jetzt haben Sie die Möglichkeit, diese neuen Weine zum Kennenlernpreis mit 10% Rabatt zu entdecken!
Text: Frank Roeder MW
Fotos: Frank Roeder / Maison Denuzière