Aus dem Leben eines Winzers (18): Trockenstress, Notreife, Sonnenbrand. Das Drama in deutschen Weinbergen

9. August 2022 News   Saar, Riesling, Peters, Scharzhofberg

Der Winzer Johannes Peters von der Saar, mit dem wir freundschaftlich verbunden sind und dessen Weine wir schon seit rund 25 Jahren im Programm haben, stellt uns immer mal wieder Szenen aus dem Leben eines Winzers zur Verfügung. Meist berichtet er über seine Arbeit im Weinberg oder im Keller. Dieses Mal geht es um die extreme Trockenheit und die Herausforderungen in diesem heißen Sommer 2022.

Aktuell hat uns die Hitzewelle mit der anhlatenden Trockenheit weiter im Griff. Im Gegensatz zu anderen Teilen Deutschlands sind unsere Weinbege an der Saar leider nicht in den Genuss von Gewitterregen gekommen. Seit April sind in unserer Region nur 40 l/m² Regen niedergegangen und seit 6 Wochen kein einziger Tropfen! Wir befinden uns derzeit im Modus des trockenen 2003er Jahrgangs. Die Reben befinden sich im Trockenstress und besonders der Riesling leidet unter diesen Bedingungen. Ich könnte an dieser Stelle die Bilder aus den vergangenen Trockenjahren kopieren, aber sie sollen die aktuellen Fotos bekommen.

Die hohe UV-Strahlung - verbunden mit dem fehlenden Wasser zur Transpiration - sorgt sogar an beschatteten Stellen für massiven Sonnenbrand. Die Trauben werden regelrecht „gekocht“. Rote Trauben haben aufgrund der Farbstoffe in der Beerenhaut - genau wie beim Mensch - eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber direkter Sonneneinstrahlung als weiße Trauben.

 

Im folgenden Foto unten sehen Sie eine Junganlage (10 Jahre), die bereits einen Großteil ihrer Blätter verloren hat. Sie würde den Kampf gegen die Trockenheit verlieren, wenn wir nicht handeln. Rigoros haben wir alle Trauben entfernt, damit die Rebstöcke nicht vollends kollabieren. Nur so können wir der Rebe die Möglichkeit geben das notwendige Holz fürs kommende Jahr ausreifen zu lassen. Die verbliebene Kraft wird anstelle in die Trauben ins Überleben investiert.

Das sieht dann so aus:

oder so:

oder so:

Eigentlich hätten wir mit dieser Maßnahme 3 Wochen früher beginnen müssen, aber die Hoffnung auf ein erlösendes Gewitter hat uns zögern lassen. Wir haben uns mittlerweile durch die vielen Trockenjahre an diese Bilder gewöhnt, aber trotzdem leidet die Winzerseele. Die Formel für alle jungen Rebstöcke unter 10 Jahren lautet 2022: 100% Invest mit 0% Ertrag – ein bisschen Sarkasmus darf sein… Zum Glück haben wir auch Parzellen mit älteren Rebstöcken, die tiefer wurzeln und so noch ausreichend Blattwerk tragen.

Übrigens sieht es auch an den Waldrändern in unserer Region nur unwesentlich besser aus. Viel Bäume haben das Laub bereits abgeworfen und fast täglich sind Feuerwehren unterwegs, um bis jetzt nur kleinere Brände zu löschen. Wir wünschen uns einen satten Regen und ihnen entspannte und sonnige Tage. Bleiben sie uns gewogen.

Mit besten Grüßen von der Saar

Ihr Johannes Peters

 

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Aus dem Leben eines Winzers (10): ...alle Jahre wieder staubt es

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