Flaccianello 2019 mit 98 Punkten gekürt

10. Februar 2023 News

So ein Lockdown hat auch manch positive Seiten. Giovanni Manetti, der Eigentümer des Muster-Weingutes Fontodi, hat viel Zeit mit Spaziergängen in seinen Rebgärten verbracht und darüber sinniert, wie er seine Weine noch besser machen kann. Noch präziser im Terroir-Ausdruck sollten sie werden, noch deutlicher ihre Herkunft zeigen, noch ausdruckstärker ihre Böden widerspiegeln.

Die Erleuchtung, wie er das hinbekommen könnte, kam tatsächlich während eines Spaziergangs im ersten Lockdown. Es ging ihm in erster Linie um eine Präzisierung der Kategorien Chianti Classico und Gran Selezione. Sein Gran Selezione Vigna del Sorbo gehört schon seit Jahren zu den besten Weinen dieser Kategorie, mancher würde sagen er sei das Flaggschiff aller Gran Selezione. Giovanni war sich aber 100% sicher, dass mit einer Präzisierung im Terroir eine Schärfung des Geschmacksbildes mit Blick auf eine unverwechselbare Herkunft möglich sei. Vigna del Sorbo ist ja schon eine klar umrissene Einzellage mit von Schiefer geprägten Galestro-Böden. Mit seiner Grand Cru Philosophie hat Giovanni den Vigna del Sorbo zur Quintessenz der Gran Selezione gemacht, die regelmäßig Spitzenbewertungen erhält. Der Jahrgang 2019 mit bisher unerreichten 97 Punkten.

Oberhalb von Vigna del Sorbo gibt es noch 2 kleine Parzellen, unweit der Kapelle San Leolino, die stärker von Kalkstein geprägt sind. Bisher ging ein Teil der Frucht in den Vigna del Sorbo, aber nun hat Giovanni eine zweite Gran Selezione geschaffen, in dem er diese beiden Parzellen separat ausbaut. Und tatsächlich ist der Gran Selezione San Leolino ein ganz anderer Wein als der Vigna del Sorbo. Erstmals wurden aus den besten Trauben mit dem Jahrgang 2019 rund 5000 Flaschen produziert, und der Chianti Classico Gran Selezione Terrazze San Leolino zeigt mehr Eleganz und Finesse im Geschmacksbild, hat aber nicht die Power und Intensität des Vigna del Sorbo und wird folglich "nur" mit 95 Punkten bewertet. Aber der Wein hat eine vielversprechende Zukunft vor sich. In den nächsten Jahren soll die Flaschenzahl sukzessive moderat steigern.

Ebenfalls neu im FONTODI Portfolio ist ein Wein, den ich genauso wie den Leolino bereits im April auf der Vinitaly verkosten durfte. Der Chianti Classico Pastrolo 2019 stammt aus dem hoch gelegenen Dörfchen Lamole von sehr alten Reben, die auf terrassierten Lagen mit Sandsteinböden stammt. Im ersten Jahrgang wurden zwar nur 300 Flaschen (1 Barrique) erzeugt, aber schon vom Folgejahrgang 2020, er in Tonneaux von 500 Litern Größe ausgebaut, wird es 1800 Flaschen geben. Auch diese Rarität, die mit 94+ Punkten bewertet ist und nicht vermarktet wird, zeigt einen überraschenden und vielversprechenden Ansatz. Wir bleiben am Ball und beobachten die Entwicklung. Stilistisch ist der Pastrolo ohnehin ähnlich dem kühl anmutenden Chianti Classico Filetta di Lamole, der Jahrgang 2019 erhielt überzeugende 93 Punkte.

"Damit haben wir jetzt drei recht unterschiedliche Böden", meint Giovanni Manetti. Neben den Sandstein Böden in Lamole und den kalkreichen Böden in den Lagen San Leolino gibt es ja noch die berühmte Conca d'Oro mit ihren Böden aus Galestro, Albarese und Pietra Forte, aus der der traditionelle Chianti Classico (2019: 92 Punkte) des Hauses und der spektakuläre Flaccianello kommen. Den Jahrgang 2019 hatte ich noch im April, also kurz nach der Abfüllung noch mit 97 Punkten bewertet, doch bereits im November auf der FINEST 100 habe ich ihn auf 98 Punkte hoch gestuft. Schön, dass er nun im Februar von Monika Larner, die die Bewertungen für Parker's Wine Advocate in Italien macht, die gleiche Einschätzung bestätigt.

Höchst beeindruckend bei Flaccianello ist die seit Jahren sich auf Spitzenniveau haltende Konstanz. 
2013:   97 Punkte
2014:   95 Punkte
2016: 100 Punkte
2017:   97 Punkte
2018:   98 Punkte
2019:   98 Punkte

Und soviel sei versprochen: Der 2020er dürfte den 2019er noch übertreffen.

Text: Frank Roeder MW