Lesen Sie diesen Beitrag bis zum Ende durch: Es lohnt sich für alle Flaccianello-Fans!

Spätestens mit dem Jahrgang 2016, der von Parker's Wine Advocate mit 100 Punkten ausgezeichnet wurde, ist der Flaccianello della Pieve einer der Kultweine aus der Toskana. Der Wein mit dem markanten Etikett - einem goldenen Kreuz auf marineblauen Hintergrund - gehörte aber schon zu Beginn der 80er Jahre zum Kreis der so genannten Super-Toskaner. Diese kamen mit der Bezeichnung der untersten Qualitäts-Kategorie Vino da Tavola (Tafelwein) auf den Markt (wie auch Sassicaia, Tignanello, Le Pergole Torte oder Sammarco) aber die besten Qualitäten der Region repräsentierten.

Nur war der Flaccianello damals der einzige reinsortige Sangiovese, während die meisten seiner Kollegen eher aus den für DOC-Weine nicht zugelassenen internationalen Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc oder Merlot produziert wurden, oder zumindest Anteile davon im Blend hatten.

Giovanni Manetti setzte also schon sehr früh auf die Stärken des Sangiovese, nach dem Motto: Was die in Montalcino mit ihrem Brunello schaffen, das bekommen wir auch hin. Schon sein erster Jahrgang sorgte für Furore, und seitdem wurden die Weine Jahr für Jahr besser. Zum einen, weil die Conca d'Oro (Goldgrube) genannte Lage in Panzano mit ihren kalkreichen Sediment- und Sandsteinböden wie ein Amphitheater nach Süden in Muschelform ein einzigartiges Terroir bietet, zum andern weil Manetti die Klonenselektion des Sangiovese mit dem Projekt Chianti 2000 schon sehr früh Richtung Qualitätsoptimierung vorantrieb.

Kein Wunder also, dass auch der Flaccianello Jahr für Jahr besser wird, wozu ganz sicher auch die kontinuierliche Ertragsminderung und die strenge Selektion währen der Lese und vor der Fermentation beitragen.

Die Conca d'Oro liegt in der Panzano UGA. Panzano ist ein kleines Dörfchen im Herzen des Chianti Classico Gebietes, UGA ist die Abkürzung für Unita Geografiche Aggiunta, was so viel wie Lage im Deutschen oder Cru im Französischen bedeutet. Im untenstehender Grafik sehen Sie den westlichen Teil der UGA Panzano mit den 4 verschiedenen und unterschiedlich gefärbten Lagen Rignana ganz im Westen (grün), San Martino (violett), La Massa (türkis) und Conca d'Oro (Ocker). 

Das Weingut Fontodi befindet sich übrigens ganz rechts unten in der Grafik, also noch östlich der Straße SS222 die von Panzano kommend nach Süden führt.

Die nächste Grafik zeigt dann die Bodenstrukturen und die Rebflächen in der Conca d'Oro. Die Farben der Rebflächen geben dabei die Zugehörigkeit zu den beiden Spitzen-Betrieben Fontodi (türkisgrün) und Castello dei Rampolla (grasgrün), sowie den beiden Betrieben Vignamaggio (runbitrot), Candialle (orangerot), Le Bartalline (violett) und Il Palagio. Markiert sind bei Fontodi zudem die Lagen der Gran Selezione Vigna del Sorbo. Unten im Tal, dem mittleren Teil der Grafik, sieht man den Case Via genannten Teil, aus dem die Trauben für den Syrah Case Via und Pinot Nero Case Via von Fontodi stammen. Die Trauben für den Chianti Classico und den Flaccianello bilden quasi den Rest, wobei die Trauben für den Flaccianello von den eher hoch gelegenen Parzellen und denen mit den ältesten Reben stammen.

Beide Grafiken entstammen übrigens dem Buch Atlas der Weinberge der UGA Chianti Classico von Alessandro Masnaghetti, erschienen im ENOGEA Verlag. Giovanni Manetti, der Eigentümer von Fontodi, ist übrigens auch der Präsident des Consorzio Chianti Classico.

Hier ein Blick vom Dorf Panzano über die Conca d'Oro:

Fontodi bewirtschaftet seine gesamten Rebflächen biodynamisch und ist quasi Selbstversorger. Die Rinder der Chiantigiana-Rasse liefern nicht nur Fleisch für den örtlichen Metzger Macelleria Cecchi (siehe auch die Netflix Serie Chef's Table!!!), sondern insbesondere den Dung für die Düngung der Reben sowie die Hörner zur Zubereitung der Spritzpräparate, die allesamt eigenständig produziert werden. Die gesamte Fläche der Tenuta Fontodi beträgt 130 Hektar, wobei 70 Hektar mit Reben bestockt sind, ein Teil mit Olivenbäumen, ein Teil mit Landwirtschaft zur Eigenversorgung und für die Rinderzucht.

Jetzt wollen Sie sicher wissen, wie sich der 2019er Flaccianello präsentiert, wie gut er geworden ist. Um es vorweg zu nehmen, es gibt noch keine aktuelle Bewertung von Parker's Wine Advocate, die eigentlich immer im Oktober veröffentlicht wird. Ich habe den Wein erstmals im Mai bei der Vinitaly en primeur probiert. Der 19er Flaccianello war schon abgefüllt, aber noch nicht für den Verkauf freigegeben worden.

2019 Flaccianello: Ausladende, tiefgründige Nase nach dunklen Krachkirschen, feine Schokonoten, Kakao, etwas Teer, Waldboden und Veilchen. Am Gaumen ein sehr saftiger Auftakt reifer Kirschfrucht, mit sehr feinen Tanninen unterlegt, hat nicht ganz die Power der Jahrgänge zuvor, dafür mehr Finesse, deutlich mehr Mineralität, dadurch hoch komplex und verspielt, ein klassischer Flaccianello. 97+ Punkte

Am 22. November habe ich ihn dann wieder verkostet, anlässlich der FINEST 100 war Giovanni Manetti nach Neustadt gekommen, wo wir 2019 und 2010 verkostet haben:

2019 Flaccianello: Hat sich hervorragend in der Flasche entwickelt, zeigt nun deutlich mehr Kraft, große Spannung und Tiefgang, die Tannine sind packend, großer Wein. 98 Punkte

Ein Wein der die letzten Jahre immer stärker an den Flaccianello herankommt ist der Lagen-Chianti Classico Gran Selezione Vigna del Sorbo. Dieses Mal sah ich den Wein gar auf Augenhöhe mit dem Flaccianello:

2019 Vigna del Sorbo: Tiefgründige, intensive Nase nach reifen schwarzen Kirschen, viel Kräuterwürze, dezent Holz- und Röstnoten, sehr vielschichtig. Die Frucht ist schon beim ersten Kontakt extrem überzeugend, tiefgründig und fleischig, mundfüllend und sehr saftig. Schwarze Kirschen, reife Brombeeren, mit super Tiefgang, viel sehr feinkörniges Tannin, zeigt Grip am Gaumen, hat Power und Frische, sehr elegantes und lange nachklingendes Finale. 97 Punkte

Auch ihn habe ich im November nachverkostet, ich notiere nachfolgend nur die Unterschiede zur ersten Probe im Mai:

2019 Vigna del Sorbo: Jetzt ein halbes Jahr länger auf der Flasche ist die Frucht genial fokussiert. Viel Extrakt am Gaumen, stoffig, konzentriert, kompakt, im Kern mit viel Frische, massiv klasse Tannine, großer Vigna del Sorbo. 97+ Punkte

Jetzt kommt die schlechte Nachricht: Wir haben zwar eine erste Tranche mit sher ordentlichen Mengen erhalten, aber: Mit dem Vigna del Sorbo sind wir bereits ausverkauft, auch Flaccianello müssen wir kontingentieren. Die Abgabe pro Haushalt beträgt maximal 3 Flachen oder 1 Magnum. Größere Formate wurden wegen des Glasmangels erst einmal nicht freigegeben.

Die gute Nachricht: Wir erhalten im Januar eine zweite Tranche, so dass wir dann vielleicht die Mengenbeschränkungen aufheben können. Wir nehmen dafür gerne Vorbestellungen an.

Text: Frank Roeder MW